Mit dem Thema Kindeswohlgefährdung können Ärzte aller Fachrichtungen während ihrer Laufbahn konfrontiert werden. Dies betrifft insbesondere Kinder- und Jugendärzte, Kinderchirurgen oder auch Rechtsmediziner in Arbeitsumfeldern wie Klinik, Praxis oder im öffentlichen Gesundheitsdienst. Als ein über die Pädiatrie interdisziplinär hinausgehendes Fachgebiet hat sich der medizinische Kinderschutz etabliert.
Neben der Prävention, Früherkennung, Diagnostik und Intervention in Fällen von körperlicher, emotionaler und sexualisierter Gewalt sowie Vernachlässigung umfasst der medizinische Kinderschutz auch die Qualitätssicherung, Supervision und Fortbildung von Akteuren im Gesundheitswesen. Im klinischen Bereich leisten diese Arbeit stationäre Kinderschutzgruppen (KSG).
Die Anfänge des medizinischen Kinderschutzes lassen sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Zumindest entstanden zu dieser Zeit die ersten nennenswerten Aufzeichnungen zu Verletzungen, die Kinder durch Gewalt erlitten. Der französische Rechtsmediziner Auguste Ambroise Tardieu publizierte bereits in den 1860er-Jahren seine Beobachtungen von Kindesmisshandlungen und -missbrauch. Diese Beschreibungen sind auch nach heutigen Standards bemerkenswert präzise und akkurat. Gewalt an Kindern überhaupt zu thematisieren und medizinisch zu dokumentieren, war eine neue Entwicklung – und sie sollte nur sehr langsam voranschreiten.
1946 beschrieb der New Yorker Kinderradiologe John Caffey erstmals den Zusammenhang zwischen multiplen Frakturen in Folge von Kindesmisshandlungen und subduralen Hämatomen. Doch erst 15 Jahre später, im Jahr 1961, gab der Kinderarzt C. Henry Kempe den typischen Begleiterscheinungen von Misshandlungen von Kindern einen Namen: „Battered Child Syndrome“ (von „to batter“ = schlagen). Kempe war es auch, der 1968 das erste medizinische Lehrbuch zu dem Thema veröffentlichte. 1972 folgte seine Publikation zum „Whiplash Shaken Infant Syndrome“ – dem heute allseits bekannten – häufig tödlichen – Schütteltrauma, welches Säuglinge durch massives Geschütteltwerden erleiden. Der britische Kinderarzt Roy Meadow lieferte schließlich 1977 mit seinem Buch „Munchhausen Syndrome by Proxy“ erste wichtige Einblicke in eine psychische Störung, bei der Eltern ihr Kind absichtlich verletzen oder vergiften, um es wiederholt medizinisch behandeln zu lassen.
Dass es in Deutschland Gesetzesgrundlagen für das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit für Kinder gibt, ist noch eine relativ junge Entwicklung: Erst im November 2000 wurde das Gesetz zur Ächtung von Gewalt in der Erziehung erlassen. Eine Institutionalisierung des medizinischen Kinderschutzes mit Leitlinien und Leitfäden über gewalttätige Handlungen begann 2003 mit einer regelmäßigen multiprofessionell ausgerichteten Fortbildung für Ärzte, Pflegekräfte und anderes medizinisches Personal. Im selben Jahr wurde die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM) gegründet, die inzwischen rund 500 Mitglieder zählt. 2010 erschien eine wichtige Publikation des DGKiM und der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin: der Leitfaden „Empfehlungen für Kinderschutz an Kliniken“.
An 160 Kinderkliniken in Deutschland – also jeder zweiten – gibt es heute eine sogenannte Kinderschutzgruppe (KSG). Diese besteht gewöhnlich aus Fachärzten, Pflegefachkräften, Psychotherapeuten und mitunter auch Sozialpädagogen, je nach Struktur der Klinik. Vertreten sein sollten stets Fachärzte unterschiedlicher Disziplinen, die ihre Expertise und ihren Erfahrungsschatz einbringen können. Der interdisziplinäre Austausch ist wichtig für die Einordnung bei Fällen von Missbrauch, Misshandlung oder Vernachlässigung. Die KSG wird von einem Facharzt für Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Kinderchirurgie geleitet. Die Kinderschutzgruppe hat folgende Aufgaben:
Die multiprofessionelle Gruppe kommt immer dann zusammen, wenn Patienten mit der Frage einer Kindeswohlgefährdung in der Klinik vorgestellt werden. Gemeinsam werden Anamnese, Befund, Diagnose und Therapie erarbeitet. Der somatische Befund muss dabei höchsten medizinischen und wissenschaftlichen Anforderungen standhalten. Daher verfolgen die KSG-Mitglieder kontinuierlich die Leitlinien sowie die entsprechende Fachliteratur. Neben körperlichen Befunden bei einer Kindeswohlgefährdung sind auch psychische und sozialanamnestische Ergebnisse von zentraler Bedeutung. Häufig finden unter den Fachärzten mehrere Fallbesprechungen statt, um eine den medizinischen Kinderschutz berücksichtigende Diagnose zu stellen.
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